Kollektive Zellbewegung in künstlichen Mikrostrukturen - Die Physik zellulärer Materie
Prof. Joachim Rädler, LMU, München
Datum: 08.05.2014 um 19:15 Uhr
Ort: Hörsaal H 030, Fakultät für Physik der LMU, Schellingstr. 4, München
Die Migration von Zellverbänden ist von großer Bedeutung in der Entwicklungsbiologie, Wundheilung und Krebsforschung. Aus Sicht der Physik weicher Materie stellt sich die Frage nach welchen Grundregeln sich Verbände von gleichartigen Zellen raumzeitlich organisieren, also nach einer Beschreibung der Dynamik eines aktiven Vielteilchensystems. Mit Hilfe von Zeitraffverfahren kann die Kinematik von Zellmonolagen in künstlichen Umgebungen sehr genau verfolgt werden. Die Analyse der Zellbewegung zeigt komplexe Flussfelder, die auf langen Zeitskalen als Wachstums- und Diffusionsprozess beschrieben werden können. Betrachtet man kleinere, mesoskopische Systeme von mikroskopisch strukturierten Gruppen von Zellen tauchen neuartige Phänomene, wie spontane Rotationen, Oszillationen und stabile zelluläre Konstellationen auf. Durch Vergleich mit numerischen Simulationen lassen sich aus der Einzelzellanalyse Zell-Zell Interaktionen quantifizieren. Auch das Potential von chip-basierten Zellbeweglichkeitstests und Einzelzellplattformen für diagnostische Zwecke soll diskutiert werden.